Wenn der Hausarzt zum Erben wird… und was der BGH dazu sagt
Was passiert, wenn ein Arzt von seinem Patienten ein Grundstück erbt? Darf er das überhaupt?
Mit dieser Frage befasste sich der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Fall (Az. IV ZR 93/24, Urteil vom 02.07.2025).
Ein Patient hatte seinem Hausarzt - im Gegenzug für Leistungen wie Hausbesuche, telefonische Erreichbarkeit und individuelle Betreuungsleistungen zu Hause - ein Grundstück vermacht.
Als der Arzt Insolvenz anmelden musste, hat sein Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vermächtnisses eingeklagt. Das Landgericht Bielefeld und ihm folgend das Oberlandesgericht Hamm haben die Klage abgewiesen.
Die Begründung: Nach der Berufsordnung der zuständigen Ärztekammer Westfalen-Lippe dürfen Ärztinnen und Ärzte keine Geschenke oder Vorteile annehmen, die ihre Unabhängigkeit infrage stellen könnten. Dies sei ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot und damit sei das Vermächtnis unwirksam.
Der BGH sah das anders. Er betonte, dass jeder Mensch durch die Testierfreiheit das Recht hat, selbst zu bestimmen, was nach dem eigenen Tod mit dem Eigentum geschieht. Diese Freiheit dürfe nicht durch Berufsordnungen eingeschränkt werden, wenn es dafür keine gesetzliche Grundlage gibt. Der wesentliche Aspekt war, dass die berufsrechtliche Vorschrift nicht vom Gesetzgeber erlassen wurde, sondern „nur“ von einer berufsständischen Vereinigung. Schutzzweck der Vorschrift sei die Integrität der Ärzteschaft und nicht das Vermögen der Patienten.
Ganz entschieden ist die Sache aber noch nicht. Das Verfahren wurde vom Bundesgerichtshof zurück an das Oberlandesgericht verwiesen. Dort muss nun geprüft werden, ob die Vereinbarung vielleicht gegen die guten Sitten verstoßen hatte – in diesem Fall wäre sie tatsächlich unwirksam. Da dies ein neuer rechtlicher Aspekt war, ist den Parteien Gelegenheit zu geben hierzu Stellung zu beziehen und die Sache musste zurückverwiesen werden.
Die Entscheidung ist auch deshalb spannend, weil ein Großteil der Landesärztekammern ähnliche Regeln zu Geschenken und Zuwendungen haben. Sie orientieren sich an einer Muster-Berufsordnung, die von der Bundesärztekammer erarbeitet wurde.
Das Urteil des BGH macht deutlich: Solche standesrechtlichen Vorschriften sind wichtig für das Vertrauen in die Ärzteschaft, sie können aber nicht automatisch über dem Grundrecht der Testierfreiheit stehen.
Für alle Fragen und Anliegen rund ums Erben wenden Sie sich in unserer Kanzlei in Speyer gerne an den Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Jürgen Lamprecht. Vereinbaren Sie einen Termin!